Attachment To Land

Was bedeutet es, sich einem Ort, einem Land, verbunden zu fühlen? Genügt es, dort geboren worden zu sein oder braucht es wichtige Erlebnisse? Werden beim Kauf von Land auch sämtliche Rechte daran erworben? Wie ändern sich Bindungen und Zugehörigkeiten für diejenigen, die das Land bestellen oder einen Fluss befahren? Sind diese Bindungen stark genug, wenn die globale Politik auf den Plan tritt, mit ihren postnationalen Institutionen und Unternehmen, ihren Nationalstaaten und der Instrumentalisierung ethnischer und religiöser Identitäten? Land ist nicht nur ein nach Maßgabe der Geografie definiertes Territorium. Es ist auch eine Gemeinschaft aus Menschen, Pflanzen, Tieren, Böden und Gewässern, in der sich die Klima- und Biodiversitätskrise immer stärker bemerkbar macht. Mit diesen Verbindungen zu Ort, Land, Territorium setzte sich die fortlaufende Veranstaltungsreihe Attachment to Land in der daadgalerie zwischen Dezember 2018 und April 2019 auseinander.

Die Veranstaltungsreihe wurde als eine Weiterentwicklung der Ausstellung How to talk with birds, trees, fish, shells, snakes, bulls and lions im Hamburger Bahnhof gemeinsam mit der in Berlin lebenden Künstlerin Antje Majewski angedacht. Gemeinsam mit ihr und  Melanie Roumiguière stellten wir eine Gruppe internationaler, multidisziplinär arbeitender Künstleren*innen zusammen, die ehemals am Berliner Künstlerprogramm zu Gast waren und deren Arbeit wesentlich von Beobachtungen und Interventionen in ihren lokalen Gemeinschaften bestimmt wird.  Agnieszka Brzeżańska mit Ewa Ciepielewska, Xu Tan, Carolina Caycedo und Minerva Cuevas teilen ein Interesse an materiellen/ spirituellen Praktiken des Alltags und greifen dabei auf persönliche Erfahrungen und kollektiven Allianzen mit menschlichen und nichtmenschlichen Lebensformen zurück. Dabei fragen sie nach den Bedingungen für Zugehörigkeit und dem Recht, nicht enteignet zu werden.

Im Austausch mit ihren Berliner ZuhörerInnen teilten die KünstlerInnen die Geschichten einer Vielzahl gefährdeter Orte und stellten verschiedene Methoden des aktiven Widerstands gegen die überall in der Welt grassierende „schleichende Gewalt“ vor. Prozesse wie die industrielle Indienstnahme von Flüssen, die Kommodifizierung von Pflanzen oder die Enteignung von Landbesitz können in vielen Fällen nur schwer nachvollzogen werden, da es sich um eine schleichende Zerstörung handelt, die oft weit über Zeit und Raum verteilt ist. Die Künstler*innen wurden daher eingeladen, kreative Möglichkeiten vorzuschlagen, wie sich in Zusammenarbeit mit gefährdeten Gruppen und Milieus Aufmerksamkeit für Umweltprobleme schaffen lässt

In der ersten Staffel der Serie Attachment to Land kamen nur einige der Themen zur Sprache, die mit künstlerischen Denkansätzen zur Politik und Ethik der Zugehörigkeit zusammenhängen. Wir diskutierten die Frage der intensiven Einlassung auf die Umwelt und das Gefühl der Handlungsfähigkeit, das sich aus verkörpertem Wissen ergibt. Wir stellten Fragen zur Bestellung von Land als einer möglichen Grundlage für andere Formen der Zugehörigkeit. Wir experimentierten mit Performativität, wir rezitierten und sangen Geschichten über die Kraft der Flüsse und den Reichtum natürlich-kulturellen Lebens. Letztendlich ging es darum, Formen des Widerstands zu entdecken, die auf der Aneignung von Bildern aufbauen und der Übermittlung kritischer Botschaften mit den Mitteln der Kunst.

Text: Aleksandra Jach

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